Forstinspektor Nicolas Suarsana zeigt die Waldschäden bei Dorstadt. Foto: Kai-Uwe Ruf
Forstinspektor Nicolas Suarsana zeigt die Waldschäden bei Dorstadt. Foto: Kai-Uwe Ruf

Trockenheit und Borkenkäfer setzen den Wäldern zu

Nach dem Wintersturm kamen Trockenheit und Borkenkäfer: Bei Dorstadt im Kreis Wolfenbüttel ist ein kleiner Wald fast vollständig verschwunden.

 

Von Kai-Uwe Ruf

 

Dorstadt. Von dem keinen Waldstück in der Okeraue südlich von Dorstadt ist nicht mehr allzu viel übrig geblieben. Nur noch vereinzelt sehen ein paar Fichten am Rand des Geländes. Vier Hektar Wald waren es Anfang des Jahres, eine Fichtenmonokultur. Dann fiel dem Wintersturm Friederike und der anhaltenden Trockenheit seit April fast der gesamte Bestand zum Opfer, berichtet Eigentümer Konstantin vom Löbbecke. Forstinspektor Nicolas Suarsana, der unter anderem für diesen Privatwald zuständig ist, spricht von einer „Naturkatastrophe“, die sich dieses Jahr in den Wäldern abgespielt habe. Betroffen seien nicht nur Waldstücke in der Okeraue sondern auch in der Asse und im Oderwald und der gesamten Region.

 

Suarsana macht das Ausmaß anhand des Betriebs von Konstantin von Löbbecke deutlich. Dort seien in einem Jahr 60 Prozent des Fichtenbestands verloren gegangen. Normalerweise kalkuliere man, wie viel man schlagen könne, und pflanze dann eine entsprechende Menge nach. Das sei nachhaltiges wirtschaften. Diesmal habe man aber den dreifachen Hiebsatz an Bäumen aus den Wäldern schlagen müssen.

 

Wegen der andauernden Trockenheit sei der Grundwasserspiegel enorm abgesunken, sagt Suarsana. Um die Bäume zu retten habe er einige Flächen in den Okerauen und im Oderwald sogar bewässert. Mit Treckern habe man Wasserwagen in den Wald gezogen.

 

Schon während der Fahrt zu dem ehemaligen Wäldchen in den Okerauen sind die Folgen von Sturm und Trockenheit Spuren zu sehen. Am Wegrand liegen große Stapel gefällter Stämme, zu hohen Wänden aufgeschichtet. Das Holz muss noch zur Verarbeitung abtransportiert werden. Dabei sind die Bäume, die umknickten, als Friederike am 19. Januar über die Fläche hinwegtobte, schon in Sägewerken gelandet.

Etwa 50 Prozent der Bäume auf dem 40 000 Quadratmeter großen Areal habe der Sturm umgeworfen, sagt Suarsana. Der Rest sei im Laufe des Sommers so geschwächt worden, dass er den Borkenkäfern zum Opfer fiel. Die Insekten seien zu einer wirkliche Plage geworden. Nachdem die Fichten durch den Trockenstress den Harzfluss eingestellt hatten, konnte sie die Käfer nicht mehr abwehren. Die kleinen Tiere hätten sich enorm vermehrt. Vier Generationen Borkenkäfer seien über das Waldstück hergefallen. In anderen Jahren gebe es höchstens drei, erzählt der Förster.

 

Borkenkäfer schädigen die Bäume, indem sie die Zufuhr von Nährstoffen und Wasser kappen. In der Folge wurden die Fichten in dem Wäldchen bei Dorstadt braun und trocken. Teils warfen sie sogar ihre Rinde ab. Schließlich mussten sie gefällt werden.

 

Auch wirtschaftlich bekommen die Waldbesitzer die Konsequenzen zu spüren. Weil der Markt mit Holz überschwemmt wurde, sei der Preis um die hälfte gesunken. Bis nach China werde Holz aus Niedersachsen exportiert. Der Preis sei so niedrig, dass die hohen Transportkosten kompensiert würden, erzählt der Forstinspektor. Löbbecke berichtet von Sägewerken, bei denen man gar kein Holz anliefern könne, selbst wenn man einen Preis angeboten bekomme. Die Werke seien ausgebucht. „Der Holzmarkt ist kaputtgegangen“, sagt er.

rund 80 Jahre werden Fichten gewöhnlich alt. Indem Wäldchen bei Dorstadt seien sie nach 40 Jahren umgestürzt oder notgedrungen gefällt worden, macht Suarsana deutlich. Löbbecke reagiert mit einem veränderten Konzept um solchen Schäden in Zukunft vorzubeugen. Ein Viertel des Areals ließ er bereits einzäunen. Neue Setzlinge wurden dort gepflanzt; europäische Lärchen, Küsten tannen und Duglasien. Die Bäume seien deutlich widerstandsfähiger gegen Wind und Trockenheit. Fichtenmonokulturen soll es dort nicht mehr geben. „Wir wollen den Betrieb breiter aufstellen, weil man nicht weiß, wie sich das Klima und der Markt entwickeln.

 

Und auch beim Pflanzen beschreite man neue Wege. Die Lärchen, die im Herbst ihre Nadeln verlieren, stehen auf der dem Wind zugewandten Westseite. Sie sollen den anderen Bäumen künftig im Winter einen Teil des Winddrucks nehmen.

 

Trotz allem muss aber auch das Klima mitspielen. Suarsana erschrickt, als er mit dem Messer ein Stück Rinde von einer umgestürzten Rinde entfernt. Er findet einen Borkenkäfer, der Reißaus nimmt. „Der sollte längst im Winterschlaf sein. Aber es ist viel zu warm“, sagt der Förster. Wir brauchen extrem viel Regen. sonst können wir gar nichts mehr machen.“

 

Quelle: Wolfenbütteler Zeitung (Online), 7. November 2018