
Altstadtcharme, Seegeruch und eine dichterin
Meersburg beeindruckt. Die Fassaden der Häuser in der Altstadt bleiben in Erinnerung. Warme Farben dominieren, Ocker, Gelb, verschiedene Rottöne. Dazu das Licht und eine Sonne, die die riesige Wasserfläche des Sees glitzern lässt. Keine Frage: Meersburg, die kleine, alte Stadt am nordöstlichen Ufer des Bodensees hat Charme. Entsprechend sind wir auch nicht die einzigen Touristen, die an diesem Frühlingsmorgen anreisen, um zu sehen, zu staunen und ein paar schöne Stunden zu verbringen. Schon am Vormittag drängen sich die Ausflügler in den Straßen und Gassen unten am Seeufer. Fast alle Stühle an den Tischen vor den Cafés sind besetzt.
Dabei ist das Städtchen jetzt im April noch nicht einmal vollständig gerüstet für den Ansturm der vielen Neugierigen. An einigen Häusern wird noch gebaut. Vor dem Restaurant „Armee-Museum“ beispielsweise stehen noch Absperrgitter mit Transparenten von Handwerksfirmen.
Trotzdem ist es schön. Die Sonne, die frische Luft, der Wind, der mir die Gerüche des Sees in die Nase weht – all das bleibt in bester Erinnerung. Und wer dachte, dass er an einem solchen Tag als einziger Tourist nach Meersburg kommen würde, der ist ohnehin etwas naiv.
Man muss auch teilen können, denke ich und rücke meine Sonnenbrille zurecht. Wir bummeln an bunten Fassaden und etwas Fachwerk vorbei und staunen über alte Restaurant-Schilder und Lüftlmalereien.
Die Stadt wirkt wie an den Fels geklebt. Tatsächlich gibt es unten am Seeufer nur wenige Straßen und Gässchen. Wir machen uns bald auf den Treppenweg hinauf zur Burg. Allein sind wir auch dort nicht. Es ist vielmehr eine Art Touristen-Wanderung, an der wir teilnehmen. Immer wieder gibt es kurze Stopps, weil jemand vor uns stehenbleibt, ein Häuschen, einen kleinen Garten oder das Wasserrad einer alten Mühle bestaunt oder es fotografieren will. Ich will nicht klagen, wenn ich das schreibe. Wir machen es ja auch nicht anders als all die anderen. Auch wir stoppen, zeigen auf das, was wir entdeckt haben, fotografieren es und gehen dann weiter. Alles in allem ist das ein gemütlicher Spaziergang den Berg hinauf.
Ziemlich weit oben gibt es einen kleinen Platz, auf dem Restaurants und Cafés ihre Tische und Stühle aufgestellt haben.
Außerdem kann man Schloss und Burg besichtigen.
Wir entscheiden uns für die Burg. Am Eingang steht eine Art Wächter. Für zwei Euro darf man eintreten. Der Eintritt wird im Restaurant auf den Preis des Verzehrs angerechnet. Prima.
Wir sehen dicke Mauern, dunkle Räume mit kleinen Fenstern. In den Räumen stehen dunkle Holztische und Holzstühle. „Gemütlich hatten sie es früher nicht auf der Burg“, denke ich mir. Alte Gewehre, Säbel und andere historische Waffen sind ausgestellt.
Wesentlich gastfreundlicher sieht es im Biergarten der Burg aus. Der ist allerdings noch geschlossen. Aber das Restaurant nebenan hat geöffnet. Vornehm, traditionell und etwas barock erscheinen mir die Innenräume. Aber draußen gibt es einen wunderschönen kleinen Balkon, auf dem man herrlich sitzen kann und einen unvergleichlichen Blick auf den See und die Schweitzer-Berge hat. Sogar ein winziges Bisschen der Dächer der Stadthäuser sieht man. Wir beobachten einen Falken, der über Stadt und Burg kreist.
Die Schriftstellerin Annette von Droste Hülshoff verbrachte einen Teil ihrer letzten Lebensjahre auf der Burg. Bekannt ist sie vor allem für die Novelle „Die Judenbuche“ und ihre Naturlyrik. Wenn man auf dem schmalen Balkon in der Sonne sitzt und den Wind vom See im Gesicht hat, kann man sich vorstellen, dass genau hier ihr Gedicht „Am Thurme“ entstanden ist.
„Ich steh' auf hohem Balkone am Thurm,
Umstrichen vom schreienden Staare,
Und laß' gleich einer Mänade den Sturm
mir wühlen im flatternden Haare.“
heißt es in der ersten Strophe. Ich zitiere sie nach der Internetseite der Annette von Droste-Gesellschaft e.V., auf der man natürlich noch viel mehr über die Dichterin erfahren kann, die am 24. Mai 1848 auf der Burg Meersburg gestorben ist.
Unser Touristen-Alltag ist natürlich wesentlich prosaischer. Während wir über Lyrik und Natur sprechen, essen wir eine wirklich leckere Maultaschensuppe – eine schwäbische Spezialität, die man so bei uns in Niedersachsen nicht bekommt.
Anschließend bummeln wir durch den benachbarten Schlossgarten und genießen erneut den fantastischen Blick auf den See.
Mögliche Führungen durchs Schloss und die Burg lassen wir aus. Das Wetter ist einfach viel zu schön, um länger in geschlossenen Räumen zu bleiben. Viel lieber gönnen wir uns auf dem Platz vor dem Schloss noch eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen. Natürlich wäre auch ein Blick ins Burgverlies und eine Führung durch die Waffenkammer möglich gewesen. Aber das ist dann auch ein wenig Geschmackssache, finde ich.
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Mehr zu Annette von Droste-Hülshoff finden Sie auf der Internetseite der Droste-Hülshoff-Gesellschaft.
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