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Cuxhaven - Wind und Strand und Meer

Eine Frau mit Hund geht im Watt spazieren. Im Hintergrund fährt ein großes Schiff vorbei. Rechts steht die Kugelbake, ein Wahrzeichen von Cuxhaven.
Raus aufs Watt und den Schiffen entgegen. Im Watt vor Cuxhaven kann man bei Ebbe zu langen Spaziergängen starten. Foto: Kai-Uwe Ruf

Wenn die Seele bummeln geht

Die Kugelbake im Gegenlicht. Hinter ihr hängen dunkle Regenwolken am Himmel.
Die Kugelbake im Gegenlicht. Hinter ihr hängen dunkle Regenwolken am Himmel. Foto: Kai-Uwe Ruf

 Gudrun hat angefangen. Wir bummeln am Strand von Duhnen entlang. Das Meer hat sich schon etwas zurückgezogen. Da stützt sie sich plötzlich mit einer Hand auf meine Schulter, greift mit der anderen nach unten, zieht ihren einen Schuh aus und den Socken gleich auch noch. Und dann den anderen Schuh und den Socken... . „Durchs Watt muss man barfuß gehen“, sagt sie lachend und macht ein paar Schritte auf die nasse, graubraune Fläche hinaus.

 Ich folge - ebenfalls barfuß. Für mich ist es der erste richtige Wattspaziergang überhaupt. Es ist schon Ende Oktober. Der Meeresboden fühlt sich nass und kühl an, aber nicht kalt. Er ist fest, aber nicht hart. Ich bin überrascht, wie gut ich darauf gehen kann. Und Lust habe ich schon auf die kleine ungewohnte Wanderung.

 Wir sind kurzentschlossen mit dem Camper für ein Wochenende nach Cuxhaven gekommen. Der Wetterbericht hat an der Küste Sonne versprochen. „Lass uns fahren“, hat meine Frau gesagt. Eine Wattwanderung stand das ganze Jahr schon auf unserem Wunschzettel. Bislang war aber nichts daraus geworden.

Die Wattfans sind schon unterwegs

Menschen gehen im Watt vor Cuxhaven spazieren.
Wenn die Sonne scheint und das Meer sich zurückzieht, sind vor Cuxhaven die Wattfans unterwegs. Foto: Kai-Uwe Ruf

Aber jetzt. Am Deich haben wir uns noch schnell erkundigt. Eine Tafel macht es klar: Ab 11.15 Uhr ist das Watt zum Wandern freigegeben. Die Wanderzeiten richten sich nach Ebbe und Flut. Erst wenn das Meer ein Stück weg ist, geht es los. Als wir kurz vor 11 Uhr auf dem Deich stehen, sehen wir trotzdem schon ein paar Watt-Fans, die bereits unterwegs sind Richtung Wasserkante. Mit der Zeit werden es mehr, aber voll wird es nie. Der Wind weht, die Sonne scheint, fast bilderbuchmäßig ist das.

 Gudrun bückt sich dann und wann, hebt eine Muschel auf und schaut sie sich genau an. Ich sehe einen kleinen Krebs. Dann zeigt meine Frau mir Spuren von Wattwürmern im weichen Meeresboden. Toll wäre es, wenn man mehr wüsste, über das Leben hier im und auf dem Meeresboden. Immerhin ist das Watt an der Nordsee Unesco Weltnaturerbe.

Adam Sokolowski kennt sich aus. Mit seiner Partnerin Julia Kobsch bietet er Wattwanderungen an. „Wunderwelt Watt“ nennt sich das Unternehmen, das die beiden im Oktober übernommen haben. Acht Wattführer sind für „Wunderwelt Watt“ unterwegs. „Wir erzählen, warum das Wasser wegbleibt“, sagt er. Die Watt-Fachleute kennen sich aber nicht nur bei den Gezeiten aus, sie wissen auch allerhand über Krebse und Muscheln. „Herzmuscheln reinigen das Wasser“, sagt Adam Sokolowski am Telefon. Drei Zentimeter sind die Tiere groß. Aber in einer Stunde können sie eineinhalb Liter Wasser aufbereiten. „Das können Sie im Internet nachlesen“, versichert der 39-Jährige. Ich gucke natürlich mal nach. Die grauschwarzen Muscheln filtern kleine Algen und organische Partikel aus dem Wasser, lese ich auf der Seite des Bundesministeriums für Forschung und Wissenschaft.

Schiffe gucken an der Kugelbake

Aufs Watt hinauszugehen fasziniert Adam Sokolowski immer wieder auf Neue. „Es ist jedes Mal ein anderes Erlebnis“, sagt er. 25 bis 30 Personen können an den Führungen von „Wunderwelt Watt“ teilnehmen. Unter anderem geht es in dreieinhalb Stunden zur Insel Neuwerk. Am besten übrigens mit alten Turnschuhen an den Füßen. „Am Strand ist es barfuß auch okay“, sagt der Fachmann. Aber man solle aufpassen, weil man sich an den scharfkantigen Muscheln verletzen könne. Schuhe seien daher besser und Socken, damit man sich nicht die Füße blutig scheuere, wenn das Wasser Sand in die Schuhe spüle.

 Bei unserem Ausflug sehe ich viele Wanderer mit Gummistiefeln im Watt. Aber auch das ist nicht wirklich gut, meint Adam Sokolowski: „Die Stiefel können volllaufen, wenn man durch einen Priel muss.“

 Wir ziehen uns nach eineinhalb Stunden im Watt wieder Socken und Schuhe an. Zuvor haben wir die Füße sorgfältig und in aller Ruhe mit einem großen Handtuch trocken und sauber gerieben. Herrlich warm fühlen sie sich nun an, als wir weiter Richtung Kugelbake bummeln. Am Wahrzeichen von Cuxhaven kommen Touristen und Einheimische zusammen, um in der Sonne zu sitzen und Schiffe zu gucken. Die Holzkonstruktion kennzeichnet das Ende der Elbe und den Beginn der Nordsee. 18 Kilometer ist die Elbmündung dort breit, verrät Wikipedia.

 Der Wasserweg Richtung Hamburg ist stark befahren. Wir sehen mehrere Containerschiffe. Erstaunlich schnell sind sie für meine Begriffe, erstaunlich groß und erstaunlich hoch beladen. Rund vier Stunden benötigen die Schiffe von Cuxhaven bis Hamburg, lese ich auf der Internetseite Schiffspositionen.net, mit deren Hilfe man die Wege von Schiffen verfolgen kann.

 Und noch ein wenig mehr über Cuxhaven. Die 48.000 Einwohner-Stadt hat einen der größten Fischereihäfen Deutschlands. Und auch für die Offshore-Windanlagen, die wir am Horizont sehen, spielt die Stadt eine wichtige Rolle. Sowohl komplett montierte Anlagen als auch Offshore-Komponenten werden dort umgeschlagen, schreibt Schiffspositionen.net.

Strandbistro und Kiterspot

Wir bummeln zum Kaffeetrinken den Deich entlang Richtung Duhnen und dort ins „Düne eins“. Vor dem Strandbistro sitzen wir windgeschützt in der Sonne. Ich philosophiere mit einem Mann mit ähnlichem Haarschnitt am Nachbartisch über den Nutzen von Mützen. Er hält nicht allzu viel davon, ich würde schnell frieren, wenn mir der kalte Wind über den kahlen Schädel bläst. Wir grinsen beide. Cuxhaven kann sehr entspannend sein.

 Am nächsten Morgen fahren Gudrun und ich noch nach Sahlenburg. Wir wollen den Strand sehen und die Surfer. Aber diesmal haben wir nicht viel Glück. Eine schwarze Wolkenwand zieht auf. Es beginnt zu schütten. Anfangs können wir noch einige bunte Kites vor dem düsteren Himmel beobachten, aber dann packen auch die meisten der abgehärteten Freiluft-Sportler ihre Sachen ein.

 Dabei kann man eigentlich bei jedem Wetter kiten, verrät mir Sebastian Schlagmann später am Telefon. Der 42-Jährige betreibt mit zwei Freunden die Kite-Schule Kiterei. Und Cuxhaven hat dabei sogar noch besondere Vorteile. Weil es gleich zwei Kite-Reviere gibt – eins in Sahlenburg und ein weiteres an der Kugelbake, kann man immer aufs Brett, egal, woher der Wind weht.

 Gute Bewertungen gibt es auch im Internet. Beim Sahlenburger Strand wird auch gelobt, dass es dort gepflegte Duschen und Toiletten gibt.

 „Wind spüren, frei sein, Sprünge in der Luft, das ist Kiten. Es ist mehr als ein Sport, es ist eine Lebenseinstellung“, schwärmt er. Unterkünfte, Sportgeräte und Kitekurse bietet die Kiterei an. Die Betreuung bei den Kursen ist intensiv. Auf zwei Schüler kommt ein Ausbilder.

Sogar im Winter ist kiten möglich, erzählt Sebastian Schlagmann. Neoprenanzüge und Windbraker schützen dann vor der Kälte. Die Kiterei stellt ihr Konzept dann allerdings wegen der niedrigen Temperaturen etwas um. Die Teilnehmer verbringen dann die eine Hälfte der Zeit auf dem Wasser, die andere Hälfte in der Sauna.


Für mich war es eine Premiere: Wattwandern in Cuxhaven. Meine Frau hat mich ein bisschen dazu gedrängt. Aber ich habe es nicht bereut. So ein Spaziergang zwischen Meer und Land ist wirklich ein Erlebnis.

Wir waren auch bei den Kitern bei Sahlenburg. Aber dann wurde das Wetter schlecht. Vielleicht klappt es ja ein andermal mit einem Versuch auf dem Board. Für mich wäre es eine weitere Premiere.


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Wunderwelt Watt.

Kugelbake.

Schiffspositionen.net

Die Kiterei
 


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